Aus der Geschichte des Osterrönfelder Turn- und Spielvereins von 1919
Aus dem Gedächtnis niedergeschrieben von seinem langjährigen Vorsitzenden Hugo Sach
Im Juni des Jahres 1919 kamen eine Anzahl junger Männer zusammen und beschlossen die Gründung eines Turn- und Spielvereins. Zu den Gründern und ersten Mitgliedern des Vereins gehörten u. a. Hans Graf, Heinrich Graf, Johann Lüthje, Peter Höhling, Jürgen Struck (jetzt in Warder) und Wilhelm Bruhn. Bald kam zu diesen Mitgliedern die gesamte Jugend ohne Unterschied des Standes und der Parteizugehörigkeit hinzu. Die Führung des Vereins übernahm Hans Graf. Der Verein trat bald dem Reichsbund für Leibesübung bei. Zunächst wurde Schlagball gespielt. und zwar auf der Koppel von Detlev Graf, dem heutigen Sportplatz gegenüber. Graf stellte den Platz dem Verein kostenlos zur Verfügung. Da aber manche Nachbarvereine schon Fußball spielten und andere Vereine dazu übergingen. wurde es immer schwieriger, Gegner für Schlagballspiele zu finden. So sah sich der Verein genötigt, sein ihm liebgewonnenes Schlagballspiel aufzugeben und sich dem Fußballspiel zuzuwenden. Neben dem Spiel wurde namentlich im Winter auch geturnt. An Turngeräten waren aber nur ein Reck und ein Barren vorhanden. Für weitere Geräte fehlte das Geld und Unterstützungen waren von keiner Seite zu erwarten. Es mußte eisern gespart werden. Die notwendigen Gelder kamen von den Mitgliedsbeiträgen und aus den Überschüssen von den Vereinsvergnügen. Das brachte meistens nicht sehr viel. So mußten die Mitglieder manche Ausgaben, die eigentlich der Verein hätte tragen müssen, selber bezahlen. Etwas besser wurde die Kassenlage, als die Zahl der passiven Mitglieder immer größer wurde. Als man mit dem Fußballspiel begann, mußte man auch eine einheitliche Kleidung haben. Das war in den ersten .Jahren nach dem Krieg nicht ganz leicht; denn Bekleidung war knapp. Der Verein mußte daher nehmen, was greifbar war. So kam der Verein zu seiner Kleidung, die er jetzt noch trägt. Sie gefiel zunächst manchem Mitglied nicht.
Hans Graf mußte den Vorsitz bald aufgeben. Er wurde nach Grünholz-Tesperhude im Kreis Lauenburg versetzt. An seine Stelle trat Johann Lüthje. Während er den Verein führte. kamen die ersten Streitigkeiten in die Reihen der Mitglieder. Einige wollten den Verein verlassen, aus dem (Verein) Reichsbund für Leibesübungen austreten und sich der freien Turnerschaft anschließen. Nachdem Johann Lüthje den Vorsitz abgab, wurde Jürgen Höhling sein Nachfolger. Ihm gelang es zunächst, den Frieden notdürftig wieder herzustellen, doch flammte bei irgendwelchen Schwierigkeiten der alte Streit wieder auf. Einige Mitglieder traten aus und gingen zu Vereinen der freien Turnerschaft. Es entbrannte ein Kampf um den Turnergruß »Gut Heil«! oder »Frei Heil«! Als Jürgen Höhling als Lehrer nach Tönning versetzt wurde, übernahm Markus Schrum den Vorsitz. Auch ihm gelang es nicht, die Streitigkeiten aus der Welt zu schaffen. Da machten einige Mitglieder (passiv) dem Verein den Vorschlag, den Vorsitz in die Hände eines älteren Mitgliedes zu legen.
Nun wurde mir die Leitung des Vereins übertragen. Die nächste Aufgabe bestand nun für mich darin, die Spaltungsbestrebungen zu beseitigen und vor allen Dingen schwieriger zu machen. Das war am besten durch die Beschaffung eines eigenen Sportplatzes zu lösen. Der Vorstand stimmte mir zu, und ich erhielt den Auftrag, alle möglichen Schritte zu unternehmen, um zu einem eigenen Platz zu kommen, Leider scheiterten die Verhandlungen mit Detlev Graf über den Kauf des bis dahin benutzten Platzes. Erfolgreich waren die Verhandlungen mit Hans Pahl. Er war bereit, dem Verein bei Barzahlung 1 ha von seiner Koppel (unserem jetzigen Sportplatz) für 2000,-- M zu überlassen. So war also der Platz gesichert, aber es fehlte das Geld zum Kauf. Der Verein verfügte über 500,-- M. Ein Antrag um Unterstützung an die Gemeinde wurde von der Gemeindevertretung abgelehnt. In der Vertretung saßen einige Bürger, die Sport für ein Übel hielten, das die Jugend von der Arbeit abhielt. Ich wandte mich nun persönlich an Land-rat Steltzer und bat um Unterstützung. Seine erste Frage war: »Was gibt die Gemeinde?« Als ich ihm erklären mußte: »Die Gemeindevertretung hat eine Unterstützung abgelehnt«, erhielt ich von ihm die Antwort: »Dann kann ich Ihnen leider nicht helfen. Die Gemeinde muß durch einen Zuschuß zeigen, daß sie den Ankauf eines Sportplatzes begrüßt«. Ich erklärte ihm, ich könnte durch Freunde des Sports von Gliedern der Gemeinde Gelder aufbringen. Darauf erhielt ich die Antwort: »Dann kann ich Ihnen helfen«, Der Verein stellte seine 500,-- M zur Verfügung. Als ich erneut bei dem Landrat vorsprach und ihm mitteilte, daß ich 500.-- M zur Verfügung hätte, gab er aus Mitteln der Jugendpflege 1000,-- M und als ich ihm die Zusicherung gab, der Verein würde auch die Verpflichtung übernehmen, die Schule auf dem Platz spielen zu lassen, erhielt ich weitere 500,-- M. So war das Geld für den Ankauf beisammen Der Platz wurde also gekauft. Aber es fehlten noch Mittel für die Vermessung des Platzes, für die Umschreibung, für die Fußballtore, für eine Einfriedigung an der Südseite, die von dem Verkäufer verlangt wurde, für ein einfaches Sporthaus und, wenn möglich, auch für eine Eingangspforte, Diese Arbeiten verursachten insgesamt etwa 1000.-- M Kosten. Das Geld wurde durch Anteilscheine von 10,-- M, 20,-- M und 50, -- M von den Mitgliedern und Freunden des Sports aufgebracht. Der Verein übernahm die Verpflichtung, das Geld möglichst bald zurückzuzahlen. So war der Verein im Besitz eines eigenen Sportplatzes. Er hatte noch manche Mängel, aber der Verein konnte doch darauf spielen. Die Vermessung und Umschreibung wurde bald vorgenommen. Schmiedemeister Bosholm erstellte eine Einfriedigung aus alten Gasrohren und Maschendraht in 2m Höhe. Von Mitgliedern wurden auf dem Abbruch der Eisenhütte Holstein in Schacht-Audorf Steine gesäubert und zum Bau eines einfachen Hauses herangeschafft. Fuhrwerk wurde kostenlos zur Verfügung gestellt. Beim Bau des Hauses waren nicht nur Fachleute tätig. Der Verein hatte zu wenig. So sprangen auch andere Mitglieder ein. Das Haus wurde deshalb nicht ganz formgerecht, erfüllte aber seinen Zweck. Für die Fußballtore wurden das Holz und der Draht beschafft, und die Tore wurden von den Mitgliedern aufgestellt. Ein Eingangstor fehlte zunächst noch; einige Jahre später wurde das Tor von Mitgliedern gemacht, einschließlich Pforte. Das Spielfeld wurde zunächst durch Taue abgegrenzt, die nach dem Spiel wieder weggeräumt werden mußten. Deshalb wurden Tannen in Emkendorf gekauft, von Mitgliedern entrindet, zurechtgesägt und aufgestellt.
Jedes Jahr hatte der Verein im Juli oder August sein großes Sportfest. Diese Feste wurden auch von den Nachbarvereinen recht rege besucht. Der Spielbetrieb begann am Morgen mit sportlichen Wettkämpfen. Am Nachmittag waren die Spiele, die um 18.00 Uhr mit der Siegerehrung geschlossen wurden. Daran schloß sich der Festball. So herrschte in diesen Jahren reger Betrieb auf dem Sportplatz. Aber auch das Turnen kam nicht zu kurz. Der Sportlehrer der Rendsburger Einheit des 100.000. Heeres fand im Dorf Wohnung (leider erinnere ich seinen Namen nicht mehr). Fr stellte sich für das Turnen zur Verfügung. Er wußte seine Übungen am Reck, Barren und Pferd, das inzwischen angeschafft war, und die Bodenübungen so meisterhaft zu gestalten, daß bald die gesamte männliche Jugend und Kinder sich zu diesen Stunden einfanden. Die vielen öffentlichen Vorführungen wurden stark besucht. Der Saal von der Gastwirtschaft Görrissen war fast immer bis auf den letzten Platz besetzt. Von dem Eintrittsgeld wurden ein Sturmsprungbrett und ein Sprungtuch angeschafft. Die Übungen am Sprungtisch waren besonders beliebt und gerne gesehen. Ich sehe noch manchmal ganz deutlich, wenn die Turner unter Führung von Dietrich Neuhaus, Walter Meier und Julius Hansen im Salto über den Tisch dahin sausten und von den Zuschauern begeistert gefeiert wurden. Es waren die schönsten und erfolgreichsten Jahre, während ich den Verein führte. Die Gutscheine wurden zurückgezahlt.
Doch dann ging es langsam bergab. Der Turnlehrer wurde versetzt, ein vollwertiger Ersatz war nicht zu finden. Das Turnen schlief allmählich ein. Dazu zog ein neues Übel für den Verein am politischen Himmel auf. Man sah auch in unserem Dorfe die ersten Hakenkreuze an Mauern, Planken und Bäumen. Bald traten auch die ersten Mitglieder des Vereins der SS und SA bei. Doch blieben sie noch bei uns, so daß der Sportbetrieb aufrecht erhalten werden konnte. Das wurde bald nach der Machtübernahme anders. Manche Mitglieder wurden durch den Dienst in ihren Organisationen so sehr in Anspruch genommen. daß sie dem Spielbetrieb fernblieben. Einige Mitglieder lösten sich von dem Verein.
Schließlich wurde der Verein aufgefordert, aus dem Reichshund für Leibesübungen auszutreten und sich gleichschalten zu lassen. Als der Verein das ablehnte, wurde es den Mitgliedern der SS, der SA und der Hitlerjugend verboten, bei uns zu spielen. Nicht alle kümmerten sich um dieses Verbot und spielten weiter. Doch bald fanden wir keine Gegner, denn die meisten anderen Vereine waren aus dem Reichsbund ausgetreten oder wegen Mitgliedsschwund aufgelöst. Auch die Zahl unserer Mitglieder wurde immer geringer. Unser Sportplatz blieb leer und wurde nur von der Schule benutzt. Als dann 1939 der Krieg ausbrach und die Jugend eingezogen wurde, hörte das Spielen und Turnen ganz auf. Unser Sportplatz wurde als Abstellort für militärische Formationen benutzt. Die Holzeinfriedung um den Spielplatz wurde zerbrochen und verheizt, die Drahteinfriedung durchlöchert, die Eingangstore umgefahren. Beschwerden bei den einzelnen Formationen hatten keinen Erfolg. Man erhielt die Antwort: »Die Schäden werden alle nach Beendigung des Krieges ersetzt«. Doch daran hat niemand nach dem totalen Zusammenbruch gedacht. Vielmehr sollte nach dem Ende des Krieges der Sportplatz als Eigentum der Partei in das Eigentum der Gemeinde überführt werden. Es bedurfte eines langen Federkriegs mit dem von der Besatzungsmacht damit Beauftragten, das Eigentum der Partei in Gemeindeeigentum zu überführen, Bürgermeister Feldmann, Einfeld, davon zu überzeugen. daß unser Verein die Gleichschaltung abgelehnt hatte und Mitglied des Reichsbundes war. Erst als ich ihn durch Belege, daß die Beiträge dauernd abgeführt worden waren, wenn auch zuletzt nur von Heinrich Rohwer und mir, überzeugte, wurde dem Verein das Eigentumsrecht von ihm bestätigt. Wenn auch alles auf dem Platz, den der Verein sich so mühsam erworben hatte, zerstört war, so blieb doch der Platz dem Verein erhalten. Das war ein Glück. Nun konnte der Spielbetrieb doch wieder aufgenommen werden. Das geschah auch im Jahre 1946, nachdem die Jugend aus dem Kriege und aus der Gefangenschaft zurückgekehrt war.
Als ich 1948 am 31. 3. in den Ruhestand trat und den Vorsitz niederlegte, weil ich nach Rendsburg verzog, war das Vereinsleben im Aufblühen.
Die vorliegenden Ausführungen sind von mir, wie ich schon anfangs erwähnte, aus dem Gedächtnis niedergeschrieben. Es standen mir keinerlei Unterlagen zur Verfügung. Das Protokoll ist nicht auffindbar und der letzte Schriftführer, Walter Heier, der mit mir manches Jahr zusammengearbeitet hat, ist leider verstorben. So ist es möglich, daß etwas vergessen worden ist, was wert ist, festgehalten zu werden. Vielleicht können einige der alten Mitglieder wie Dietrich Neuhaus, Claus Holst, Julius Hansen, Wilhelm Wulf, Heinrich Rohwer, die zum Teil als aktive Spieler und Turner diese Zeit mit mir durchlebten, meine Ausführungen ergänzen. Das würde mich freuen.
OTSV von 1948 bis 1969
Nach Beendigung des Krieges lag der Sportbetrieb zunächst darnieder. Erst allmählich suchten die Menschen wieder Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. So entwickelte sich dann auch in Osterrönfeld der Spielbetrieb vornehmlich im Fußball.
1948 vollzog sich ein Wechsel in der Vereinsführung. Rektor Werner Weißmann übernahm vom langjährigen Vorsitzenden Sach das Amt des 1. Vorsitzenden. Seine Mitarbeiter wurden Hans Mester, Wilhelm Wulf, Richard Böhm und Ernst Pahl. Der Fußballbetrieb verstärkte sich, und 1951 gelang der 1. Mannschaft der Aufstieg in die Bezirksliga. Andere Sportarten wie Turnen und Gymnastik wurden auch betrieben, aber es mangelte, vor allem im Winter an geeigneten Übungsräumen.
Die erste Mannschaft der Fußballer konnte sich, da guter Nachwuchs zu Verfügung stand, in der Bezirksliga halten. Das Interesse für Fußball war groß. Auf eigenem Platz waren zahlreiche Zuschauer. und viele begleiteten die Mannschaft auch nach auswärts. Jährlich wurde ein großes Sportfest ausgerichtet, und die Adventskaffeetafel führte aktive und passive Mitglieder in der Weihnachtszeit zusammen. In den 50er-Jahren zählte der Verein reichlich 300 Mitglieder. Ein tragisches Ereignis trübte die letzten Jahre des 6. Jahrzehnts: Heinz Bircher, der Torwart der 1. Mannschaft starb an den schweren Verletzungen, die er bei einem Spiel in Büdelsdorf erlitten hatte.
Anfang der 60er Jahre plante die Gemeinde den Neubau der Schule. Eine Turnhalle stand ab Dezember 1963 zur Verfügung. Das gab Auftrieb im Vereinsleben. Tischtennis und Turnen, Gymnastik und Prellball wurden neue, begehrte Sportarten. Die Mitgliederzahl stieg sprunghaft auf über 500. Neue Mitarbeiter im Vorstand wurden Günther Peters, Ulrich Kröger, Joachim Wolfsberg, Hans Storm und Hans Stolley. Im Jahre 1969 konnte dann der Verein sein Jubiläum feiern: 50 Jahre bestand er nun, und Vorstand und Mitglieder feierten dieses Jubiläum eindrucksvoll.
OTSV von 1970 bis 1980
Zu jeder Zeit wurden auf allen Gebieten des eigentlichen Sportbetriebs und des Vorstandes Aktivitäten zum Wohle des Vereins durchgeführt. In den Sparten bzw. Abteilungen Fußball, Prellball, Tischtennis und Turnen herrscht reger Betrieb, wobei die Fußball- und Turnabteilung am stärksten besucht werden. Zum richtigen Zeitpunkt finden sich auch immer wieder Mitglieder bereit, Funktionen im Vereinsleben zu übernehmen. Die Absicht zur Gründung einer Tennisabteilung wird erstmalig in einer Sitzung im November 1974 bekanntgegeben. Inzwischen ist die Gründung der Tennisabteilung vollzogen und der Betrieb auf eigens dafür hergerichteten Plätzen (einschließlich Gebäude) läuft mittlerweile.
Ausgelöst durch Straßenbaumaßnahman mußte das kleine Umkleidegebäude unmittelbar neben dem Eingang zum Sportplatz abgebrochen werden. Der Verein baute dann an das bestehende größere Gebäude (Umkleideraume und Aufenthaltsraum) ein neues Sportheim. Die Errichtung erfolgte in Eigenleistung durch Vereinsmitglieder, desgleichen jeweils hinter den Toren komplette Ballfangzäune. Aus Gründen der Verkehrssicherheit für Mitglieder und Besucher mußte der Eingang zu den Sportplätzen verlegt werden.
Die bisher geltende Satzung aus dem Jahre 1956 wird durch die neu verfaßte Satzung vom 17. 3. 1978 abgelöst.
Wegen der nicht unerheblichen Heizkostenbelastung wird die Umstellung der Heizungsanlage für das Gebäude auf dem Sportplatz von Flüssiggas auf Erdgas (Anschluß an das regionale Erdgasleitungsnetz) vorgenommen.